Eine Lektion über politisches Mobbing aus den 1960er Jahren

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Ein längst verlorener Text zum Thema politisches Mobbing wurde neulich wieder entdeckt und zum ersten Mal veröffentlicht: eine Aufnahme eines Vortrags des Soziologen Theodor W. Adorno, der 1967 vor einem Studentenverein gehalten wurde. Die Studierenden hatten um Ratschlag gebeten, wie sie mit einer neuen rechtsextremistischen Partei (die NPD) in Deutschland umgehen sollen.

Die Ansicht Adornos bleibt immer noch relevant, zum Beispiel:

  • Die Partei wurde von Katastrophenvorstellungen geleitet (S. 11).
  • Sie durften sich weder in der Öffentlichkeit darüber äußern, woran sie wirklich glaubten, noch was sie eigentlich wollten. So Adorno:

Man kann sagen, daß alle ideologischen Äußerungen des Rechtsextremismus gekennzeichnet sind durch einen permanenten Konflikt zwischen dem Nicht-sagen-Dürfen und dem, was ein Agitator neulich es nannte, die Zuhörerschaft zum Sieden bringen soll… (S. 20).

  • Die Veröffentlichungen der Partei reizten die Grenzen der akzeptablen Sprache aus, aber blieben knapp gesetzmäßig (S. 19).
  • Die Propaganda des Rechtsextremismus fördert eher “das Modell der autoritätsgebundenen Persönlichkeit” anstatt einer konsistenten Ideologie (S. 28).

Um den politischen Mobbern die Stirn zu bieten, empfahl Adorno:

[D]as einzige, was mir nun wirklich etwas zu versprechen scheint, ist, daß man die potentiellen Anhänger des Rechtsradikalismus warnt vor dessen eigenen Konsequenzen, daß man ihnen kar macht eben, daß diese Politik auch seine eigenen Anhänger unweigerlich ins Unheil führt…. Also man muß, wenn man gegen diese Dinge im Ernst angehen will, auf die drastischen Interessen derer verweisen, an die sich die Propaganda wendet. Das gilt besonders bei der Jugend, die man warnen muß vor dem Drill in jeglicher Gestalt, vor der Unterdrückung ihrer privaten Sphäre und in ihrem Lebensstil (S. 16).

Das nenne ich den AfD-Fluch, und ich stimme Adorno herzlich zu, dass es wichtig ist, Menschen davor zu warnen.


Anmerkung

Adorno, T. W. (2019). Aspekte des neuen Rechtsradikalismus: Ein Vortrag. Suhrkamp.


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